Meine „Mitnehmsel“ von der Product People
Am 09.11.2018 fand in Köln die Product People Herbst 2018 (#prodppl) statt. Ganz kurzfristig bin ich nachgerückt – und habe doch noch ein Ticket bekommen. Es war ein toller Tag mit vielen Eindrücken und wie so oft ist auch ganz viel zwischen den Sessions und Vorträgen und danach beim Ausklang passiert. Die Kombination von Conference Track und OpenSpace fand ich prima – so konnte ich mir schon ein paar Themen vormerken, die ich auf jeden Fall sehen wollte, es gab aber auch Raum für spontane Sessions. Und ich konnte selbst auch noch ein Thema unterbringen, zu dem ich Input geben konnte und von Product Ownern und anderen Experten einholen konnte.
Was wir von Ehe für Kundenbeziehungen lernen können
Dominique hat uns in seiner Keynote „Wie wir Produkte emotional aufladen“ auf anschauliche Weise nähergebracht, dass emotionale Verbindung mit einem Produkt Loyalität erzeugt – und nur diese kann uns dauerhaft von der Konkurrenz abheben. Ähnlich wie ein Ehering nicht ersetzbar ist. Auch nicht durch einen Ring, der genau die gleichen „Features“ hat. Es geht um das emotionale Erlebnis, das wir mit genau diesem Ring verbinden. Daher müssen wir uns fragen, welche Artefakte wir rund um ein Produkt erschaffen, wie wir den Erlebnisraum gestalten und welche Emotionen wir erzeugen wollen, die Kunden dann in Erinnerung behalten. „Kein Feature ist zu klein, als dass es keine Rolle spielen würde!“
Mir fällt dazu ein, dass sich die psychologischen Grundbedürfnisse eben auch in der Produktwahl bzw. Produktloyalität zeigen: Wir fühlen uns gerne verbunden. Verbundenheit macht uns zufrieden, motiviert und stärkt uns. Der Effekt von positiv aufgeladenen Produkte geht dementsprechend noch über die Kundenbindung hinaus. Und wer weiß, vielleicht sind UX’ler doch unsere Rettungsritter, die uns dem Weltfrieden der Glückseligkeit ein Stückchen näherbringen. Denn jedes Stückchen zählt!
Wenn Konflikte explodieren, hallt es noch lange nach!
Als Wirtschaftsmediatorin hat Birgit schon so einige aufgeladene Situationen erlebt. Das Konflikte die Arbeitsmotivation senken, die Produktivität von Teams gefährden, die Fehlerhäufigkeit steigern und schlicht unangenehm sind, ist hinreichend bekannt. Die erschreckende Erkenntnis war jedoch, dass ein schwerer Konflikt, in den eigentlich nur zwei Parteien involviert waren, unter welchem jedoch mehrere Abteilungen leiden mussten, auch noch dann weiter Schaden anrichtet, wenn die Konfliktparteien gar nicht mehr beide an Bord sind.
Konflikte entstehen immer durch eine Form von Bedürfnisverletzung. Sobald die emotionale Sicherheit von Menschen gefährdet ist, sie sich in ihrer Autonomie eingeschränkt fühlen oder sie sich auf der Beziehungsebene angegriffen fühlen, wird’s brenzlig. Weswegen Konflikte sich auch extrem negativ auf die Motivation auswirken. Dann braucht es Vertrauen und Mut, um die Konflikte zu adressieren und möglichst früh auf gesunde Art und Weise aus dem Weg zu räumen. Und manchmal eben auch eine Mediatorin, um solch eine vertrauensvolle Atmosphäre zu schaffen.
Verantwortung für ein Produkt passiert nicht nebenher
Oliver hat uns in seinem Talk “Product Owner Context Canvas – passende Ownership für dein Produkt gestalten” einen Weg gezeigt, wie man sich planvoll mit dem Thema Ownership auseinandersetzen kann. Ich glaube, das ist auch der wichtigste Punkt: Sich damit proaktiv auseinanderzusetzen und nicht zu hoffen, dass sich Dinge schon irgendwie ergeben werden. Denn zum einen sind schon die allgemeinen Hinweise (z.B. im Scrum Guide) zur Rolle des Product Owners recht dünn gesät. Und zum anderen sind die Gegebenheiten in Organisationen und Produktumfeldern natürlich sehr unterschiedlich. Was die Definition einer Product Owner Rolle zu einer komplexen Aufgabe macht. Da gibt einem so ein Canvas Orientierung, indem es die zentralen Fragen übersichtlich einordnet.
Das Bild des Gartens, in welchem die PO Rolle gepflanzt und auch gehegt und gepflegt werden muss, hat mir gut gefallen. Für mich ist es somit eher ein Product Owner Cultivation Canvas – mit dessen Hilfe auch die drei Faktoren für autonome Motivation abgeklopft werden können: so können wir sicherstellen, dass der PO in seinem Produktgarten weiter wachsen kann und damit die Ernte nachhaltig gesichert wird.
Das Miteinander wirkt mehr als Zuckerbrot und Peitsche
Das fünfte Prinzip des agilen Manifests lautet: „Errichte Projekte rund um motivierte Individuen.“ Und weil Motivation ein so wichtig ist, ging es in meiner Session eben genau darum: Motivation. Zunächst habe ich erläutert, dass autonome Motivation genauso förderlich ist wie intrinsische Motivation. Und dass autonome Motivation von der Erfüllung dreier Faktoren abhängt: Selbstbestimmtheit, Kompetenz und Eingebundenheit. (Mehr dazu in meinem Post „Motivation: Wo gibt’s diese Katzenleckerlis?“) Der Raum war voll, die Stimmung angeregt – ich habe mich sehr über die aktive Diskussion gefreut!
Auf die Frage, wie Product Owner die autonome Motivation von Teams steigern können, war den TeilnehmerInnen das Miteinander und das „Warum“ am Wichtigsten. Wenn POs das für sich klar haben, ihre Teams also mit einbeziehen, auch bei der Produktvision und der Priorisierung der Backlog Items, dann helfen sie den Teams immens nach vorne – nämlich auch dann, wenn die Fahrt mal holprig wird.
Kann eine Organisation „von unten“ agil werden?
Kulturrevolution von unten – und dabei die Führungskräfte agilisieren… geht das? Diese spannende Frage haben Yuna und Birgit in ihrer Session gestellt. So einfach lässt sich die Frage natürlich nicht beantworten – es gilt wie immer „kommt darauf an!“. Aber wir wurden uns alle schnell einig, dass es deutlich leichter wird, wenn die (Top)Führungsebene von Agilität überzeugt ist. Und dass es für die mittlere Ebene immer schwierig ist, wenn sie liebgewonnene Dinge wie Höhe des Gehalts, Macht und selbstredend auch alte Gewohnheiten loslassen müssen. Neue Arbeitsformen bedeuten eben immer auch neue Unsicherheiten. Und wenn man sich einmal in einer Position oder Rolle gut etabliert hat, dann tut es weh, auf diese Annehmlichkeiten zu verzichten. Macht auch aus „meiner“ Motivationsbrille wieder Sinn: Das mittlere Management muss auf Selbstbestimmtheit verzichten, um diese den Teams zu gewähren. Es verlässt das Terrain, auf dem es sich kompetent bewegen kann – und empfindet vielleicht nicht die nötige Sicherheit, um dieser neuen Erfahrung neugierig und aufgeschlossen zu begegnen. Und dann verliert es vielleicht auch noch die Einbettung in die bisherige Team- und Führungsstruktur, vielleicht sogar verbunden mit dem Risiko, den Job zu verlieren. Das ist schon ziemlich unheimlich.
Die Frage, die sich mir stellt: Wie kann man den Führungskräften bezüglich der drei psychologischen Grundbedürfnisse entgegenkommen? Wie kann man dafür sorgen, dass eine agile Transformation für sie nicht (so) bedrohlich wird? Viel Stoff zum Nachdenken. Danke dafür!
Denkfutter zum Schluss…
Am Ende des Tages hat mich Christoph in seiner Session „Systemisches Coaching meets Agile“ noch zum Denken angeregt – in einer kurzweiligen interaktiven Präsentation. Er hat uns gezeigt, dass das gleiche Input in nicht-triviale Systeme zu völlig unterschiedlichem Output führt. Und das selbst dann, wenn sich die Systeme augenscheinlich sehr ähnlich sind.
Was, wenn man dann unterschiedliche Inputs und Sichten und Erfahrungen in ein solches System reinträgt, wie z.B. die Agile Community in Köln oder ein Event wie die Product People? Das ergibt ein fantastisches Kaleidoskop an Erkenntnissen. Für jeden Geschmack ist etwas dabei.
Daher ein großes Danke Boeffi, für die Product People und den Raum, in dem wir uns austauschen und Verbindungen knüpfen konnten. Es war ein inspirierender, motivierender Tag! Und ich denke, wir sind dem Weltfrieden ein gutes Stückchen näher gekommen ;-)
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